Nach ausdrücklicher Empfehlung unseres Herrn Claus (mit C) beschlossen die Fichtennadeln kollektiv sich dieses Jahr an das südwestlichste Ende Welt zu begeben:
Bereits die Anreise war dem logistischen Aufwand eines Christopher Columbus würdig: Für uns war es nicht der Beginn sondern das Ziel unserer Reise, trotzdem gab einige Hürden zu umschiffen. Nach der verspäteten Ankunft unseres Fliegers schafften wir es auf Teneriffa gerade noch auf die Fähre nach El Hierro. Dort retteten Bier und Sandwiches unsere unterzuckerten Nerven, die von spanischem Straßenverkehr und ägyptischem Zeitmanagement der österreichischen Fluglinie und ka-narrischen Fährlinien schon arg strapaziert waren.
Endlich auf El Hierro angekommen, wurden wir schon von Jutta empfangen, die uns nach nächtlicher Inselquerung über hunderte Höhenmeter auf und ab an unser Ziel brachte: La Restinga. Nach 14 Stunden Reise waren wir endlich am Ende der Welt, wie die lustigen Spanier vor ein paar hundert Jahren sie kannten, angekommen.
La Restinga: Ein kleines Fischerdörfchen an der stürmischen Südspitze der Insel, in den 60er Jahren von Fischern gegründet, die Schnauze voll hatten vom Landesinneren an die Küste zu pendeln. La Restinga hat ca. 250 Einwohner, 8 Tauchbasen, eine Strandbar, eine Fischfabrik und vor seinen Ufern einen der besten Tauchspots Europas: El Bajon. Im Gegensatz zu Teneriffa kann man auf El Hierro keinesfalls von Massentourismus sprechen: unsere 11-köpfige Truppe war im ganzen Dorf sofort bekannt.
Günther (Exil-Gsiberger) und Jutta führen gemeinsam mit viel Geschick und Engagement die Tauchbasis Fan Diving El Hierro. Die kleine aber feine Tauchbasis befindet sich gleich oberhalb des Hafens, mit fantastischer Aussicht auf das Dorf und nur 5 Minuten vom Ablegeplatz des Zodiacs entfernt, das uns zu unseren Tauchgängen brachte. Die Basis ist super ausgestattet: zwei Duschen, Equipmentwaschbecken, genug Kleiderbügel für alle und alles gefließt und blitzblank geputzt.
Zu den Tauchplätzen geht's in durchschnittlich 10 Minuten mit dem weißen Offshore-Schlauchboot, das Platz für 12 Taucher bietet. So voll ist das Boot aber normalerweise gar nicht, da Günthers maximale Gruppengröße 8 Personen beträgt. Für das Fichtennnadelkollektiv konnten wir ihn zu einer Ausnahme überreden.
Nach den teilweise spektakulären Wellenritten wurden wir mit einer ebenso spektakulären Unterwasserwelt belohnt. Die beeindruckenden Lavaformationen geizten nicht mit reichhaltiger Unterwasserfauna und -flora: Mantas, Schmetterlingsrochen, Engelshaie, kapitale Zackenbarsche, Muränen in jeder Spalte, Drückerfische und Schildkröten waren die Höhepunkte. Die zweimalige Begegnung mit einer Delphinschule waren unvergeßliche Erlebnisse.
Der Chef persönlich führte alle Tauchgänge und konnte uns vom Baby-Bärenkrebs unter einem Felsen bis zum Barrakudaschwarm mit beinahe allen Meeresbewohnern bekannt machen. Günther hat ein besonderes Herz für Photografen, denen er auch notfalls mit einer mitgeführten Lupe die besten Motive zeigt und ihnen genug Zeit zum Ablichten der manchmal ungeduldigen "Opfer" läßt.
La Restinga liegt direkt im Schutzgebiet "Mar de Calmas", das - nicht nur vom ständigen ablandigen Wind sondern auch von Fischern geschützt - Tauchern eine ruhige Anfahrt und Fischen einen sicheren Lebensraum bietet. Zu den herausragenden Tauchspots gehören "El Bajon" und "El Desierto".
El Bajon ist eine aus dunkelblauer Tiefe hochragende Felsnadel vor La Restinga, die auf Grund der exponierten Lage und Strömungsreichtum jederzeit für eine Sichtung von Großfischen wie Mantas gut ist. Bei jedem Tauchgang begleiteten uns Schwärme von Drückerfischen und Barrakudas. Ein zutraulicher Zackenbarsch war sich für kein Photo zu schade, Muränen bevölkerten jede Felsritze und eine gelbe Makrele (mit Pigmentfehler) sorgte für eine weitere Sensation.
Wer sich bis jetzt gefragt hat, was Fichtennadeln mit Tauchen zu tun haben: schwarze Korallen, zu finden ab einer Tiefe von 38 Metern zwischen Ulli und El Bajon.
El Desierto ist ein verhältnismäßig einfacher Tauchgang, der skipistenähnlichen Sandhänge mit Röhrenaalen und Bärenkrebsen en masse bietet.
Auf jeden Fall zu empfehlen ist noch ein Nachttauchgang im Hafenbecken, der eine überraschende Vielfalt an nachaktivem Getier bietet: Schmetterlingsrochen, Langusten, ein Engelshai, Garnelen und vieles mehr schwirrte in unserem Scheinwerferlicht umher.
Abschluß jedes Tauchganges war entweder ein Erdbeershake zu Mittag in der einen oder ein 1-Euro Dekobier am Abend in der anderen Strandbar.
Kulinarisches: Die lokale Küche ist ein Hit, der Fischreichtum findet sich auch am Teller der hungrigen Taucher wieder. Fischliebhaber kommen hier eindeutig auf ihre Kosten. Wer nicht eines der drei Restaurants frequentieren will, dem sei die Möglichkeit ans Herz gelegt in den frühen Abendstunden am Hafen vorbeizuschauen und den fangfrischen Thunfisch gleich im Stück und zu unschlagbar günstigem Preis mit nach Hause zu nehmen und selbst in die Pfanne zu schmeißen. Am besten läßt sich das ganze wohl durch regelmäßigen Vorsatz nach dem Abendessen zusammenfassen: "Aber morgen essen wir weniger!".
Das Restaurant am Ende des Universums liegt ebenso wie der Leuchtturm am Ende der Welt auf der Route rund um die Insel, die man an einem tauchfreien Tag auf jeden Fall machen sollte. El Hierro ist geprägt vom vulkanischen Ursprung, welcher der Insel eine schroffe Küste, hohe Berge und mehrere Vegetationszonen bescherte. Der recht grüne und feuchte Norden bringt sogar Weinstöcke hervor, aber nur ein paar Kilometer weiter findet man sich schon in der stürmischen Steinwüste des südwestlichen Teils der dramatisch karg wirkt und vielleicht erklärt warum die Spanier die kleine Insel anno dazumal für das Ende der Welt hielten. Die Nachspeise des Abends pflückten wir übrigens im waldigen Landesinneren von zahlreichen prallen Feigenbäumen.
Die südländische Flexibilität zwang uns bei der Rückfahrt nach Teneriffa statt des Wasserweges den Luftweg zu wählen: die Fährverbindung war kurzerhands eingestellt worden.
Auf Teneriffa besuchten wir auf dem Weg von Nordflughafen zum internationalen Flughafen im Süden noch den höchsten Berg Spaniens: den Vulkan Teide.
Die Reise war wider unseres eigentlichen Mottos "Tauchen is ka Spaß", ein Spaß!